Montag, 29. Mai 2017

Abmahnung durch IDO Verband - Aktivlegitimation - Versandkosten und Ausschluss der Aufrechnung

Der Abmahnfeldzug des laut Trustedshops größten Massenabmahners 2016, dem IDO Verband aus Leverkusen, geht ununterbrochen weiter. Vorwiegend legen uns Kleinstunternehmer Abmahnungen des Abmahnverbandes "IDO" vor. Nachdem die herkömmlichen Abmahnungen des IDO Verbandes aus Leverkusen (fehlender Hinweis auf OS-Link, falsche/fehlerhafte Widerrufsbelehrung) hier jedenfalls einen Rückgang zu verzeichnen haben, da sich offenbar immer mehr Händler an die gesetzlichen Vorgaben halten, erreichen uns zunehmend Abmahnungen des IDO Verbandes betreffend andere Verstöße.

Was mahnt der IDO Verband in seinen neuerlichen Abmahnungen ab?

In den uns aktuell vorgelegten Abmahnungen des IDO Verbandes aus Leverkusen werden zunehmend Angaben zu den Versandkosten beanstandet. So maht der IDO Verband z. B. Angaben zu den Versandkosten wie "Versicherter Versand" oder "Versandkosten weltweit auf Anfrage" ab. Auch Klauseln, nach denen der Käufer zur Aufrechnung nur dann befugt sein soll, wenn seine Ansprüche rechtskräftig festgestellt sind oder aber der Verkäufer die Ansprüche anerkenne, sind Gegenstand der Abmahnungen des Massenabmahners IDO aus Leverkusen.

Was fordert der IDO Verband aus Leverkusen in seinen Abmahnungen?

Der IDO Verband fordert stets die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung, wobei in derselben ein Schuldanerkenntnis betreffend die geforderte Abmahnpauschale in Höhe von 232,05 Euro enthalten ist. Dies beides binnen kurzer Frist.

Sind die Abmahnungen des IDO Verbandes berechtigt?

Ob die Abmahnungen berechtigt sind, hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen geht es um die Frage, ob inhaltlich überhaupt ein Wettbewerbsverstoß vorliegt. Das ist nicht unbedingt immer der Fall. Zum Anderen muss der IDO Verband gemäß § 8 III Nr. 2 UWG berechtigt sein, Abmahnungen in der jeweiligen Branche des Abgemahnten auszusprechen. Dafür ist zunächst einmal erforderlich, dass der IDO Verband in sachlicher, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht überhaupt imstande ist, die satzungsmäßigen Aufgaben ernsthaft wahrzunehmen. Das hatte kürzlich das Landgericht Berlin verneint und ausgeführt, dass die Mitarbeiter des IDO Verbandes nicht über die entsprechende rechtliche Qualifikation verfügten, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen. Dasselbe Gericht sah dies kurz danach jedoch anders, allerdings - wohlgemerkt - in einem einstweiligen Verfügungsverfahren.

Die sich anschließende Frage wäre allerdings, ob der IDO Verband bei der Masse von Abmahnungen, die er ausspricht, auch imstande ist, in finanzieller Hinsicht das Kostenrisiko zu tragen, welches mit der Abmahntätigkeit einhergeht. Dabei muss  der IDO Verband unserer Ansicht nach - dies wird in der Literatur bisweilen ebenso gesehen - im Zweifel ein Kostenrisiko bis in die Revisionsinstanz stemmen können und zwar in allen anhängigen oder potentiell bevorstehenden Gerichtsverfahren. Das kann bei einem einzigen Gerichtsverfahren ohne Weiteres ein Betrag im fünfstelligen Bereich sein. Mit anderen Worten: Je mehr Abmahnungen der IDO Verband aus Leverkusen ausspricht, desto größer muss sein finanzielles Polster sein, das Kostenrisiko im Falle des Unterliegens zu stemmen. Das häufige Argument des IDO Verbandes aus Leverkusen er würde "nur selten einen Prozess verlieren", kann dabei unserer Ansicht nach nicht greifen. Denn, wie das bereits zitierte Urteil des Landgerichts Berlin zeigt, kann es ganz schnell gehen, dass ein Gericht dem Verband vollumfänglich die Anspruchsbefugnis abspricht. Aber wer soll dann für die gemäß dem Domino-Prinzip in allen Verfahren entstehenden Kosten aufkommen?

Ein weiterer Aspekt ist, dass der IDO Verband, um anspruchsbefugt zu sein, über eine bedeutende Anzahl von Mitgliedern derselben oder einer artverwandten Branche verfügen muss. Das hat beispielsweise das LG Koblenz in einem von uns begleiteten Verfahren verneint. Problematisch ist allerdings, dass nach einem Beschluss des  OLG Hamm - 4 W 102/16 der IDO Verband aus Leverkusen vorgerichtlich, auch nicht auf Rüge hin, verpflichtet ist, seine Mitglieder offenzulegen. Hatte das Landgericht Bielefeld in dem von uns begleiteten Verfahren als Vorinstanz noch angenommen, außergerichtlich sei die wesentliche Voraussetzung der Anspruchsbefugnis, nämlich der Mitgliederbestand des abmahnenden Verbandes, gemäß den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen offenzulegen, hat das OLG Hamm hier eine Kehrtwende gemacht. Da der Betroffene u. a. den Anspruch auf ein faires Verfahren und das grundsätzliche Verbot eines Kontrahierungszwanges verletzt sah, wurde gegen die Entscheidung des OLG Hamm nach erfolgloser Gehörsrüge die Verfassungsbeschwerde eingelegt. Ob diese Erfolg hat, wird sich noch zeigen.

Alles andere hätte jedenfalls zur Folge, dass ein Abgemahnter, der nicht weiß, ob der IDO ihn überhaupt abmahnen darf, außergerichtlich vor dem Dilemma steht, dem IDO Verband trotz Ungewissheit über die Anspruchsbefugnis entweder eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen oder es auf ein teures Gerichtsverfahren ankommen und sich "überraschen" zu lassen. Die Waagschale der Justitia würde also, bildlich gesprochen, von Beginn an nur zugunsten des IDO Verbandes ausschlagen. Der Abgemahnte müsste wiederum einen hohen Preis dafür bezahlen, in den Genuss zu kommen, wissen zu dürfen, ob der IDO Verband ihn überhaupt abmahnen durfte. Ob andere Oberlandesgerichte das ebenso sehen werden, wie das OLG Hamm, wagen wir zu bezweifeln und wird sich ebenfalls noch zeigen.

Was sollten Sie bei einer Abmahnung durch den IDO Verband tun?

Seit der Entscheidung des OLG Hamm wird dem Abgemahnten weiterhin zu raten sein, unverzüglich nach Erhalt der Abmahnung einen Anwalt zu konsultieren. Wenn dieser feststellt, dass Wettbewerbsverstöße vorliegen, sollte der Betroffene sicherheitshalber eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben, wenn er das Kostenrisiko eines gerichtlichen Verfahrens trotz Zweifel an der Aktivlegitimation scheut. In keinem Fall aber konnten wir bisher raten, die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Wer dennoch in Erfahrung bringen möchte, ob der Verband über hinreichende Mitglieder verfügt, also abmahnen durfte und ein geringes Kostenrisiko einzugehen bereit ist, der sollte sich in jedem Fall weigern, die Abmahnpauschale zu bezahlen. Geht es nämlich nur noch um die eingeforderten 232,05 Euro, dürfte das mit einer Klage einhergehende Risiko für viele Betroffene zu stemmen sein. Dann aber wird der IDO Verband zu seiner Aktivlegitimation Stellung beziehen müssen.