Mittwoch, 12. Juli 2017

LG München I entscheidet (rechtskräftig): IDO Verband fehlt die Aktivlegitimation im Münzhandel




Landgericht München I
AZ.: 4 HK O 22005/16 

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unter-
nehmen e.V., vertreten durch d. Hauptgeschäftsführerin Frau Sarah Spayou, Gartenstraße 5, 51379 Leverkusen

- Antragsteller -

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. Newerla Danjel-Philippe, Langener Landstralle 266, 27578 Bremerhaven,
Gz.: 2016/0221 DN

gegen

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin Ursula Nehl, Arcostr. 3 80333 München

wegen einstweiliger Verfügung

erlässt das Landgericht München I - 4. Kammer für Handelssachen - durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Rhein, den Handelsrichter Horn und den Handelsrichter Lindlau aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2017 folgendes

Endurteil

1. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 27.12.2016 wird aufgehoben und der Antrag auf
Erlass der einstweiligen Vergung vom 23.12.2016 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Rechtstreits.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Antragsteller begehrt die Unterlassung mehrerer wettbewerbsrechtlicher Verstöße, die seiner Auffassung nach vom Antragsgegner auf seiner website beim Verkauf von Münzen begangen wurden.

Ausweislich der als Anlage K 4 vorgelegten Satzung ist der Kläger ein Verein zur Förderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen deutscher Online-Unternehmer und Online-Freiberufler.

Wie sich aus der als Anlage K 6 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung seiner Hauptgeschäftsführerin ergibt, hatte er im November 2016 62 Sammelartikelhändler als Mitglieder.

Mit der als Anlage K 18 vorgelegten Abmahnung vom 30.11.2016 beanstandete der Antragsteller Wettbewerbsverstöße des Antragsgegners auf der Handelsplattform ebay, die sich aus den als Anlage K 7 vorgelegten Ausdrucken ergeben.

Die Kammer erließ am 27.12.2016 eine einstweilige Verfügung, mit der dem Antragsgegner untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernansatz betreffend Sammlerartikel Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, 


1. ohne über das gesetzliche Widerrufsrecht, über die Form des Widerrufs, des Wertersatzes, der Rechtsfolgen und der Rückabwicklung zu informieren,
und/oder

2. bei denen eine Widerrufsbelehrung ohne Information über das Muster-Widerrufsformular gemäß dem amtlichen Muster zur Verfügung gestellt wird,
und/oder

3. ohne Informationen über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für Waren zur Verfügung zu stellen
und/oder

4. ohne auf der Webseite einen für Verbraucher leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform einzustellen.


Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Antragsgegners.

Er trägt vor, der Antragsteller habe nicht ausreichend dargelegt, dass ihm eine Zahl von Mitgliedern angehöre, deren Interessen von der behaupteten Zuwiderhandlung berührt seien. Deshalb werde die Aktivlegitimation des Antragstellers bestritten.

Der Antragsgegner sei im Bereich der Numismatik tätig und verkaufe ausschließlich Münzen und Medaillen. Sonstige Sammlerartikel gehörten nicht zu seinem Sortiment. Der Antragsteller habe aber nicht dargelegt, dass ihm ein Numismatikhändler angehöre. Es müsse auch bestritten werden, dass beim Antragsteller eine erhebliche Anzahl von Numismatikern Mitglieder seien. Die Beschwerde eines Mitglieds alleine reiche nicht aus.

lm übrigen lägen auch keine Wettbewerbsverstöße vor. Der Antragsgegner habe einen Widerruf bedingungslos akzeptiert. Darüber hinaus werde auf die ebay-AGBs verwiesen. Die Widerrufsbelehrung sei auch deutlich genug gestaltet.

Der Antragsgegner beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I aufzuheben.

Der Antragsteller beantragt,

die einstweilige Verfügung der Kammer zu bestätigen.

Er trägt vor, ausweislich der als Anlagenkonvolut K 21 vorgelegten Ausdrucke habe er auch Mitglieder, die Numismatikartikel vertreiben. Dies ergebe sich auch aus der in der mündlichen Verhandlung übergebenen nicht anonymisierten Mitgliederliste.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die einstweilige Verfügung der Kammer war aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen, da der Antragsteller bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht hinreichend vorgetragen und glaubhaft gemacht hat, dass er nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt ist.

Eine Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, bei der es sich nicht lediglich um eine sachlich-rechtliche Anspruchsberechtigung handelt, sondern die als prozessuales Erfordernis in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGH GRUR 2007, 809 - Krankenhauswerbung) liegt vor, wenn es sich um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen handelt, der die Interessen einer erheblichen Zahl von Unternehmen wahrnimmt, die auf demselben Markt tätig sind wie der Wettbewerber, gegen den sich der Anspruch richtet.

Dass dies der Fall ist, wurde vom Antragsteller nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

Zwar ist der Begriff des sachlich relevanten Marktes, bei dem es grundsätzlich ausreicht, dass ein Teil der Mitglieder des Antragstellers Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art anbieten, weit auszulegen (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH GRUR 1997, 479 - Münzangebot).

Es wurde jedoch vom Antragsteller nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass er eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern aufweist, die mit Münzen vergleichbare Waren anbieten. Die als Anlage K 6 vorgelegte eidesstattliche Versicherung reicht hierfür nicht aus, da in ihr lediglich eidesstattlich versichert wird, dass dem Kläger 62 Unternehmen angehören, die „Sammelartikel“ vertreiben.

Was diese Sammelartikel sein sollen, wird jedoch nicht dargelegt. Da man alles Mögliche sammeln kann, nicht nur Münzen, reicht dies zur Glaubhaftmachung der Antragsbefugnis des Antragstellers im vorliegenden Fall nicht aus.

Auch die als Anlagen K 20 und K 21 vorgelegten Internetausdrucke und die in der Sitzung vorgelegte nicht anonymisierte Mitgliederliste sind hierfür nicht ausreichend, da nicht hinreichend glaubhaft gemacht wurde. dass die dort genannten Mitunternehmen tatsächlich Mitglieder des Antragstellers sind. Eine dahingehend lautende eidesstattliche Versicherung oder ein sonstiger Nachweis wurde bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegt, obwohl der Antragsgegner die Aktivlegitimation des Antragstellers bereits im Widerspruchsschriftsatz bestritten hat.

Mangels hinreichend glaubhaft gemachter Aktivlegitimation des Antragstellers war die einstweilige Verfügung der Kammer mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO aufzuheben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 6, 711 ZPO.

gez.

Rhein                                                             Horn                                                   Lindlau
Vorsitzende Richterin
am Landgericht                                             Handelsrichter                       Handelsrichter
Verkündet am 13.02.2017