Freitag, 16. Dezember 2016

IDO Verband mahnt jetzt auch Lebensmittelhändler ab

Uns wurde eine Abmahnung des IDO Verbandes aus Leverkusen vorgelegt, welche gegenüber einem Händler von Lebensmitteln ausgesprochen wurde. Ob der IDO Verband Lebensmittelhändler überhaupt abmahnen darf, bezweifeln wir stark und wurde u. E. bislang auch nicht hinreichend dargelegt (Stand: 16.12.2016).

Was beanstandet der IDO Verband in seinen Abmahnungen betreffend Lebensmittel?

Der IDO Verband aus Leverkusen beanstandet in seiner Abmahnung gegenüber dem Lebensmittelhändler, wie er es in Abmahnungen betreffend andere Branchen ebenfalls tut, gleich mehrere Dinge: Zunächst wird moniert, dass der Lebensmittelhändler keine Widerrufsbelehrung verwende und dem Kunden nicht das Musterwiderrufs-Formular vorhalte. Außerdem wird beanstandet, dass

  • der Händler nicht darauf hinweise, ob der Vertragstext gespeichert bzw. dem Kunden zugänglich gemacht wird,
  • nicht auf das dem Kunden zustehende Mängelhaftungsrecht hingewiesen und
  • kein Link auf die Streitbeilegungsplattform der EU (sog. OS-Link) bereitgestellt werde.

Schließlich fehle die Grundpreisangabe gem. § 2 der Preisangabenverordnung betreffend Waren, die nach Gewicht bzw. Volumen angeboten werden.

Was verlangt der IDO Verband in seiner Abmahnung betreffend Lebensmittel?

Der IDO Verband verlangt in der Abmahnung die Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, die auch ein Schuldanerkenntnis betreffend eine Abmahnpauschale in Höhe von 232,05 Euro enthält. Die Frist zur Abgabe der Unterlassungserklärung ist äußerst kurz bemessen.

Ist die Abmahnung des IDO Verbandes gegenüber Händlern von Lebensmitteln berechtigt?


Was die gerügten Wettbewerbsverstöße an sich angeht, muss getrennt werden. Wir halten jedenfalls in dem uns vorliegenden Fall das Erfordernis einer Widerrufsbelehrung für nicht gegeben. In diesem Zusammenhang scheinen die Damen beim IDO Verband nicht die Vorschrift des § 312g II Nr.. 2 BGB  zu kennen, nach welcher bei leicht verderblichen Waren bzw. Waren, welche ein kurzes Mindesthaltbarkeitsdatum haben, kein Widerrufsrecht besteht. Wer dennoch als Lebensmittelhändler bei leicht verderblichen Waren ein entsprechendes Widerrufs-Formular verwendet bzw. sich in einer Unterlassungserklärung dazu verpflichtet, wie der IDO Verban es verlangt, schädigt seinen eigenen Geschäftsbetrieb erheblich. Die übrigen Beanstandungen dürften inhaltlich berechtigt sein. Aber:

Darf der IDO Verband überhaupt Lebensmittelhändler abmahnen?

Allerdings stellt sich - wie in allen uns vorliegenden Fällen - die Frage, ob der IDO Verband überhaupt berechtigt ist, Abmahnungen in der jeweiligen Branche auszusprechen. Man spricht von der sog. "Aktivlegitimation". Um eine hinreichende Aktivlegitimation zu haben, muss ein Wettbewerbs- bzw. Abmahnverband u. a. über eine bedeutende Anzahl von Mitgliedern verfügen, die Waren oder Dienstleistungen aus der gleichen oder einer artverwandten Branche, wie der Abgemahnte, verfügen. Geregelt ist dies in § 8 Abs. 3 Nr 2 UWG. Betreffend Schmuck konnte der IDO Verband z. B. in einem Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg - es ging um eine Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe - seine Aktivlegitimation nicht binnen der vom Gericht gesetzten Fristen nachweisen; seine Klage wurde unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Thüringer Oberlandesgerichts sogar wegen Rechtsmissbrauchs abgewiesen (das Urteil des AG Charlottenburg ist noch nicht rechtskräftig). Wir glauben, dass der IDO Verband auch in der Lebensmittelbranche nicht aktiv legitimiert ist, bis er das Gegenteil bewiesen hat. Bewahrheitet sich unsere Vermutung, dann dürften nach der Rechtsprechung des Amtsgerichts Charlottenburg und des Thüringer Oberlandesgerichts auch Klagen auf Zahlung von Vertragsstrafen des IDO Verbandes gegen Lebensmittelhändler rechtsmissbräuchlich sein.

Was sollten Sie bei einer Abmahnung durch den IDO Verband tun?

Wenn Sie eine Abmahnung des IDO Verbandes erhalten haben, sollten Sie möglichst umgehend professionellen Rechtsrat durch einen auf Wettbewerbsrecht spezialisierten Anwalt einholen. Beachten Sie, dass die gesetzten Fristen regelmäßig äußerst kurz bemessen sind. Unterschreiben Sie keinesfalls ungeprüft die stets beigefügte vorformulierte Unterlassungserklärung. Tätigen Sie eben so wenig ungeprüft irgendwelche Zahlungen. Lassen Sie sich auch nicht durch eine "anonymisierte Mitgliederliste" oder irgendwelchen beigefügten Gerichtsentscheidungen von der vermeintlichen Aktivlegitimation des IDO Verbandes überzeugen.




Sonntag, 20. November 2016

IDO Verband unterliegt vor dem LG Bielefeld: Abmahnverband muss Aktivlegitimation bereits im Abmahnverfahren hinreichend darlegen

Das Landgericht Bielefeld hat in einem einstweiligen Verfügungsverfahren des IDO Verbandes aus Leverkusen gegen einen unserer Mandanten mit Urteil vom 08.11.2016 entschieden, dass ein Abmahnverband seine Mitglieder offenzulegen hat, wenn der Abgemahnte bestreitet, dass dem  Abmahnverband hinreichende Mitglieder i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)  angehören.

Was war passiert?

Der IDO Verband aus Leverkusen hatte gegenüber einem eBay-Handler eine Abmahnung ausgesprochen, weil dieser wettbewerbswidrig gehandelt hatte (fehlender Link zur OS-Plattform, kein Hinweis auf Vertragstextspeicherung, fehlende Grundpreisangaben bei Flüssigkeiten). Auf die Abmahnung des IDO Verbandes forderten wir diesen für unseren Mandanten unter Fristsetzung auf, nachprüfbar darzulegen, wer die Mitglieder seien, die mit unserem Mandanten in einem Wettbewerbsverhältnis stünden. Dem kam der IDO Verband aus Leverkusen nicht nach, weshalb die Abgabe einer Unterlassungserklärung  von unserem Mandanten verweigert wurde. Der IDO Verband beantragte daraufhin durch Einschaltung seiner rechtsfreundlichen Vertretung Danjel-Philippe Newerla aus Bremerhaven den Erlass einer einstweiligen Verfügung, welche antragsgemäß erlassen wurde. Unser Aufforderungsschreiben, die Mitglieder zu benennen, legte der IDO Verband dem Gericht bezeichnenderweise nicht vor.

Entscheidung des LG Bielefeld: IDO Verband muss Kosten des Gerichtsverfahrens zahlen

Nachdem wir für unseren Mandanten Kostenwiderspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt hatten, wurden dem von Danjel-Philippe Newerla vertretenen IDO Verband die gesamten Kosten des Verfahrens auferlegt, weil - so das Gericht - der IDO Verband es versäumt hatte, nachprüfbare Angaben zu seinen Mitgliedern (z. B. durch Vorlage einer unzensierten Mitgliederliste) zu machen. Die nachprüfbare Darlegung der Aktivlegitimation sei aber nicht nur im gerichtlichen Verfahren erforderlich,  wie es der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 18.10.1995 - Az.: I ZR 126/93 - ("Anonymisierte Mitgliederliste")  entschieden hat, sondern bereits im Abmahnverfahren. Insoweit gebe es keinen Grund, dies außergerichtlich anders zu betrachten. Das Urteil des LG Bielefeld ist noch nicht rechtskräftig. wurde inzwischen vom OLG Hamm aufgehoben (s. unten).

Was sollten Sie bei einer Abmahnung des IDO Verbandes tun?

Wir können nur immer wieder betonen, unter keinen Umständen die der Abmahnung des IDO Verbandes regelmäßig beigefügte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, ungeprüft irgendwelche Zahlungen an den IDO Verband zu leisten oder sonst mit ihm in unmittelbaren Kontakt zu treten. Auch wer meint, er sei durch eine Mitgliedschaft beim IDO Verband "auf der sicheren Seite", sollte bedenken, dass sich der IDO Verband aufgrund der Vielzahl von Abmahnungen und Vertragasstrafeforderungen nicht gerade sehr beliebt macht. Vom IDO Verband Abgemahnte dürften dazu geneigt sein, ihrerseits die Mitglieder des Verbandes wettbewerbsrechtlich ganz genau "unter die Lupe" zu nehmen und beim Vorliegen von Wettbewerbsverstößen kostenpflichtige Abmahnungen auszusprechen.
 
Wir müssen überdies zunehmend Zweifel an der tatsächlichen Zusammensetzung der Mitglieder des IDO Verbandes anmelden. Der IDO Verband verhält sich insoweit alles andere als transparent. In mehreren Gerichtsverfahren hat er entgegen dem Urteil des Bundesgerichtshofes (a.a.O.) nur anonymisierte Mitgliederlisten vorgelegt und so bisweilen sogar einstweilige Verfügungen erwirkt. In anderen Verfahren wurde zwar eine unzensierte Mitgliederliste vorgelegt, allerdings mit dem Hinweis, diese sei "nur für das Gericht" bestimmt. Offensichtlich meint der IDO Verband aus Leverkusen, er genieße einen Sonderstatus vor Gericht und seine Gegner hätten "ausnahmsweise" keinen Anspruch auf rechtliches Gehör.


Nachtrag (12.03.2017):

Das OLG Hamm hat o. g. Entscheidung jetzt ohne nähere Begründung aufgehoben und damit die Machenschaften des IDO gestärkt. Es bleibt zu hoffen, dass andere Gerichte sich von dieser u. E. Fehlentscheidung nicht blenden lassen. 

Nachtrag (08.05.2017):

Gegen die Aufhebung der Entscheidung hat der Betroffene allerdings nach erfolgloser Gehörsrüge nun die Verfassungsbeschwerde bei dem Bundesverfassungsgericht eingelegt.

Donnerstag, 29. September 2016

Achtung! neue Abmahnungen des IDO Verbandes drohen: Ab 01.10.2016 gilt Textform statt Schriftform für Anzeigen oder Erklärungen gegenüber dem Unternehmer

Der Bundestag hat am 16.02.2016 beschlossen, dass Unternehmer gegenüber Verbrauchern in allgemeinen Geschäftsbedingungen künftig nicht mehr regeln können, dass ihnen gegenüber abzugebende Erklärungen oder Anzeigen der Schriftform unterliegen. Demnach ist gemäß dem neuen § 309 Nr. 13 ab dem 01.10.2016 in allgemeinen Geschäftsbedingungen insbesondere unwirksam,

(...) eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden (...) an eine strengere Form als die Textform (...).

Leider sind noch in einer Vielzahl von allgemeinen Geschäftsbedingungen Regelungen enthalten, welche dem nicht entsprechen, sondern ein Schriftformerfordernis (z. B. für Kündigungen) statt der Textform enthalten.

Besonders seitens des IDO Verbandes, der für seine eifrige Abmahntätigkeit bekannt ist, sind wohl schon bereits ab nächster Woche die ersten Abmahnwellen zu erwarten. Denn der IDO Verband weist auf seinen Internetseiten seit kurzem selbst auf das neue Gesetz - Schriftform statt Textform - hin. Wir raten daher dringend, umgehend Ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf hin zu überprüfen, ob dort noch Schriftform-Klauseln, statt der gebotenen Textform, enthalten sind.


Donnerstag, 22. September 2016

Urheberrechtliche Abmahnung der Kanzlei Jörg Schmidt wegen angeblichen Filesharings

Uns liegt eine Abmahnung eines "Rechtsanwalts" Jörg Schmidt aus Berlin wegen angeblichen Filesharings von Pornofilmen vor. Die "Kanzlei" Jörg Schmidt, angeblich kanzleiansässig Kurfürstendamm 234, 10719 Berlin gibt vor, von einer Firma abbywinters.com BV, Spui 10a Amsterdam, NH 1012WZ beauftragt worden zu sein. In einer uns vorliegenden Abmahnung sitzt der Abgemahnte in Österreich. Die "Kanzlei" Jörg Schmidt ist nicht zu verwechseln mit der Kanzlei Sebastian Schmidt, welche ihren Sitz ebenfalls in Berlin am Wittenbergplatz 1 hat. Mit dieser wurde die "Kanzlei" Jörg Schmidt offenbar bereits mehrfach verwechselt. Rechtsanwalt Sebastian Schmidt ist ein angesehener Strafverteidiger aus Berlin und steht nicht mit der Abmahnindustrie in Verbindung. 

Was wirft die "Kanzlei" Jörg Schmidt aus Berlin dem Abgemahnten in der Abmahnung vor?

"Rechtsanwalt" Jörg Schmidt aus Berlin wirft dem Abgemahnten vor, er habe über sog. Internettauschbörsen einen Pornofilm öffentlich zugänglich gemacht. Bei dem angeblich geschützten Werk handele es sich um den Film "Girl & Girl Pee Marigold & Christina", welcher "nachweislich" über die Tauschbörse Bitorrent zugänglich gemacht worden sei.

Was verlangt die "Kanzei" Jörg Schmidt aus Berlin in der Abmahnung?

Die "Kanzlei" Jörg Schmidt aus Berlin verlangt in der Abmahnung die Unterzeichnung einer in der Anlage zu der Abmahnung befindlichen strafbewehrten Unterlassungserklärung, die auch vorab per E-Mail übersendet werden könne; der Anspruch folge aus (deutschem) Urheberrecht. Der Abgemahnte solle sich in der Abmahnung außerdem verpflichten, einen einmaligen Pauschalbetrag in Höhe von 950,- Euro zu zahlen.

Was halten wir von der Abmahnung des "Rechtsanwalts" Jörg Schmidt aus Berlin?

Wir gehen davon aus, dass es sich um einen Betrugsversuch handelt. Ruft man unter der Nummer der "Kanzlei" Jörg Schmidt an, meldet sich nur ein Anrufbeantworter.

Zuletzt ist gar nicht ersichtlich, wie der Abmahner die Daten des Abgemahnten ermittelt haben will. Zum anderen stellt sich die Frage, weshalb sich ein Abmahner aus den Niederlanden gegenüber einem Abgemahnten aus Österreich auf deutsches Urheberrecht stützen kann.

Mittwoch, 31. August 2016

Verband Sozialer Wettbewerb unterliegt vor dem Landgericht München I



Landgericht München I
AZ.: 4 HK O 2001/16
IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

Verband Sozialer Wettbewerb e.V., vertreten durch den 1. Vorsitzenden, den Kaufmann
Louis Porrée, Kantstr. 100, 10627 Berlin

- Kläger -

Rechtsanwälte Burchert & Partner, Otto-Suhr-Allee 29, 10585 Berlin,

gegen

…………………………………………………………………………………..

- Beklagter -

Rechtsanwälte von der Heyden, Brandenburgische Straße 24, 10707 Berlin

wegen Unterlassung

erlässt das Landgericht München l - 4. Kammer für Handelssachen - durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Rhein als Einzelrichterin im schriftlichen Verfahren, in der Schriftsätze eingereicht werden konnten bis zum 13.07.2016 am 29.08.2016 folgendes

Endurteil

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.


III.       
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



Tatbestand

Der Kläger, der den Beklagten zunächst auf Unterlassung einer als wettbewerbswidrig angesehenen Werbung in Anspruch genommen hat, begehrt nach Abgabe einer Unterlassungserklärung durch die Beklagte die Feststellung, dass sich die Hauptsache erledigt hat.

Wie sich aus dem als Anlage K 1 vorgelegten Internetausdruck ergibt, bewarb der Beklagte die Behandlung von Schmerzen bei Arthrose unter der Überschrift „……..phil-Die ………-Kur“ mit verschiedenen, von dem Kläger angegriffenen Werbeaussagen Hinsichtlich der Art und des Inhalts der Werbung wird auf die Anlage K 1 verwiesen.

Der Beklagte gab nach Klageerhebung die als Anlage B 8 vorgelegte vorbeugende Unterlassungserklärung ab, mit der er sich verpflichtete, betreffend eine ………-Kur mit den von dem Kläger gerügten Werbeaussagen (nicht mehr [Korrektur durch Seitenbetreiber]) zu werben.

Hinsichtlich des Inhalts der vorbeugenden Unterlassungserklärung wird auf die Anlage B 8 Bezug genommen.

Der Kläger ist der Auffassung, durch die Abgabe dieser Unterlassungserklärung habe sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Der Vortrag des Beklagten. wonach er nur für eine ……..-Kur und nicht für das Nahrungsergänzungsmittel „……..phil“ geworben habe, überzeuge nicht. Unstreitig und durch die als Anlagen B 5 und B 6 vorgelegten Auskünfte sei der Beklagte Inhaber der Domain ………… und ………….. Der Beklagte sei damit der für die Werbung Verantwortliche. Wie der Werbung entnommen werden könne, werde auch nicht eine unspezifische Arthrosebehandlung beworben, sondern die Einnahme eines speziellen Mittels. Was hiernach möglicherweise der ursprüngliche Gedanke des Beklagten gewesen sein möge, spiele keine Rolle. Ob der Beklagte heute tatsächlich keine Umsätze über den Internetauftritt oder mit dem Mittel „..…..phil“ erzielen könne, sei dem Kläger ebenfalls unbekannt und werde rein vorsorglich mit Nichtwissen bestritten. Da nun der Beklagte allerdings eine Unterlassungserklärung abgegeben habe, welche so seitens des Klägers angenommen werde, entfalle die Notwendigkeit den klägerischen Unterlassungsanspruch nunmehr gerichtlich titulieren zu lassen.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, er habe zu keinem Zeitpunkt das streitgegenständliche Mittel „……phil" beworben. Dies sei ihm bis zur streitgegenständlichen Klage nicht einmal bekannt gewesen. Hätte der Kläger in seinem Eifer etwas sorgfältiger gearbeitet, wäre ihm aufgefallen, dass der Beklagte kein „Mittel“ beworben habe, sondern es sich ausweislich der Anlagen B 2 und B 3 um eine Geschäftsbezeichnung handelte, welche der Beklagte bereits mehr als sechs Jahre vor des Inverkehrbringens des besagten Mittels durch die Firma ……………………… geführt habe. Zum Zeitpunkt der Anmeldung der streitgegenständlichen Domains sei das Mittel „………phil“ noch nicht einmal auf dem Markt gewesen. Dass die Firma …………………. Nunmehr ein Mittel unter dieser Bezeichnung herausgebe, beruhe offenbar auf einem Zufall. Auf die Geschäftsbezeichnung „…………phil“ sei der Beklagte über eine Herleitung aus dem Griechischen gekommen. Danach bedeute „Arthro“ „…….." und ,,phil“ gut/besser“. Keinesfalls sei damit irgendein Präparat beworben worden.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die nunmehr vom Kläger im Wege der Klageänderung allein zur Entscheidung gestellte Feststellungsklage war abzuweisen, da sich der ursprüngliche Unterlassungsantrag durch die abgegebene Unterlassungserklärung nicht erledigt hat und die Klage in der ursprünglichen Form, wie sie angekündigt worden war, auch nicht begründet gewesen wäre.
lm Einzelnen gilt folgendes:

1.
Da der ursprüngliche Klageantrag darauf gerichtet war, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel „……….phil" mit den angegriffenen Werbebehauptungen zu werben, hatte die abgegebene Unterlassungserklärung, mit der sich der Beklagte verpflichtet hat, betreffend eine ………..-Kur mit den angegriffenen Werbebehauptungen zu werben, nicht erledigt. Der Streitgegenstand des ursprünglichen Unterlassungsbegehrens und der vorbeugenden Unterlassungserklärung stimmen nicht überein mit der Folge, dass eine Erledigung nicht eingetreten ist.

2.
Die ursprüngliche Klage wäre jedoch auch nicht begründet gewesen, da der Beklagte in der angegriffenen Werbung (Anlage K 1) nicht für das Mittel „……phil“, das ausweislich der Anlage B 4 von der Firma ……………………… produziert wird, geworben hat. Betrachtet man die Anlage K 1, so ist hierin nirgends von einem Nahrungsergänzungsmittel die Rede sondern lediglich davon, dass bei einer  ……..-Kur“ körpereigene Stoffe, wie Glucosamin- und Chondroitinsulfat verabreicht werden. Auf das Mittel der Firma ………………………, das im Übrigen auch anders, nämlich in Kleinbuchstaben, geschrieben wird und zum Teil abweichende Inhaltsstoffe hat, wird in der Anlage K 1 nirgends Bezug genommen.

Auch die Anlage B 7 spricht dafür, dass sich die angegriffene Website nicht auf das Mittel der ……………………… sondern auf ein Aloe Vera Gel bezog. das mit Chondroitinsulfat und Glucosaminsulfat angereichert ist.

Dass die von dem Beklagten in der Anlage K 1 beworbene ,,……-Kur“ die Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels mit der Bezeichnung „………“ beinhaltet, kann der angegriffenen Werbung gerade nicht entnommen werden.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708, 711 ZPO.

Rhein
Vorsitzende Richterin am Landgericht

Donnerstag, 4. August 2016

Abmahnung des IDO Verbandes: Korrekte Widerrufsbelehrung im Fließtext ohne Formatierung und Überschriften unlauter?

Uns wurde eine Abmahnung des IDO Verbandes aus Leverkusen wegen einer angeblich unlauteren Widerrufsbelehrung bei eBay eines Online-Händlers vorgelegt.

Was  beanstandet der IDO Verband in der Abmahnung?


Der IDO Verband beanstandet in seiner Abmahnung, der Abgemahnte würde auf seinem eBay-Auftritt zwar eine korrekte Widerrufsbelehrung verwenden, allerdings sei die Gestaltung der Widerrufsbelehrung zu beanstanden. Denn der Abgemahnte verwende keine Absätze und keine Zwischenüberschriften.

Was fordert der IDO Verband in der Abmahnung?


Der IDO Verband fordert in dem Abmahnschreiben die Abgabe einer Unterlassungserklärung und Zahlung einer Abmahnpauschale in Höhe von 232,05 €. Die Unterlassungserklärung soll binnen äußerst kurzer Frist an den Verband gesendet werden.

Ist die Abmahnung des IDO Verbandes berechtigt?


Voraussetzung dafür, ob die Abmahnung des IDO Verbandes berechtigt ist hängt im Wesentlichen von zwei Aspekten ab. Zum einen muss der Verband überhaupt berechtigt sein, gegenüber dem Abgemahnten eine Abmahnung auszusprechen (sog. Aktivlegitimation). Dies hängt davon ab, ob dem IDO Verband eine bedeutende Anzahl von Mitgliedern aus derselben oder einer artverwandten Branche des Abgemahnten angehört. Diesbezüglich mussten wir in vielen hier bearbeiteten Fällen Zweifel äußern.

Zum Anderen muss natürlich überhaupt ein Wettbewerbsverstoß vorliegen. Aber ist es unlauter, zwar eine korrekte Widerrufsbelehrung zu verwenden, diese jedoch in Form eines Fließtextes ohne Formatierungen und Zwischenüberschriften zur Verfügung zu stellen?

Das LG Berlin - Az. 97 O 67/16  wie auch das LG Ellwangen Az. 10 O 22/15 haben diese Frage bejaht. Denn bei Fehlen der Überschriften ginge völlig unter, dass der Verbraucher nicht nur Rechte, sondern auch ganz erhebliche Pflichten im Falle eines Widerrufes habe.

Was sollten Sie im Falle einer Abmahnung des IDO Verbandes tun?


Wenn Sie eine Abmahnung z. B. wegen  einer Widerrufsbelehrung im Fließtext ohne Formatierung und Überschriften erhalten haben, sollten Sie unbedingt

  • den Posteingang der Abmahnung und
  • sämtliche gesetzte Fristen notieren  und beachten sowie
  • umgehend Rechtsrat einholen.


In jedem Fall sollten Sie Kurzschlussreaktionen vermeiden. Ohne rechtliche Prüfung der Angelegenheit sollten Sie insbesondere keine Unterlassungserklärung abgeben oder gar irgend einen Geldbetrag bezahlen. Konsultieren Sie umgehend einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens, da bei falscher oder fehlender Reaktion erhebliche Folgekosten auf Sie zukommen können.





Mittwoch, 29. Juni 2016

Amtsgericht Charlottenburg: Rechtsmissbrauch? IDO-Verband muss auch im Vertragsstrafeprozess seine wettbewerbsrechtliche Aktivlegitimation nachweisen

Eine Klage eines Wettbewerbsverbandes auf  Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Zuwiderhandlung gegen eine einmal abgegebene Unterlassungserklärung war bislang äußerst schwierig abzuwehren. Allenfalls konnte man argumentieren, man habe bei Zuwiderhandlung gegen die Unterlassunserklärung nicht schuldhaft gehandelt oder man konnte versuchen, die Angemessenheit der Höhe der Vertragsstrafe rügen, sofern keine konkrete Vertragsstrafe versprochen worden war.

Bei Klagen von Wettbewerbsverbänden, wie dem IDO Verband, wird in Vertragsstrafeprozessen oft von der Beklagtenseite gerügt, der jeweilige Verband sei gar nicht aktiv legitimiert im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Nach dieser Vorschrift ist im Abmahnverfahren insbesondere Voraussetzung, dass dem abmahnenden Wettbewerbsverband eine bedeutende Zahl von Mitgliedern derselben oder einer artverwandten Branche wie derjenigen des Abgemahnten angehört. Eine Vielzahl von Amts- und Landgerichten war bislang der Auffassung, auf die wettbewerbsrechtliche Aktivlegitimation (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) komme es im Vertragsstrafeprozess allerdings überhaupt gar nicht an, weil die Aktivlegitimation aus der Unterlassungserklärung selbst folge. Das ist dogmatisch auch vollkommen richtig, jedenfalls dann, wenn ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers ausgeschlossen werden kann. 

In einem aktuellen Vertragsstrafeverfahren des IDO Verbandes - es geht um die Schmuckbranche - hat das Amtsgericht Charlottenburg demgemäß unter Verweis auf das (offenbar von anderen Amts- und Landgerichten völlig unbeachtete) Urteil des Thüringer Oberlandesgerichts vom 27.09.2009 - 2 U 2076/05 darauf hingewiesen, dass der IDO Verband für seine Anspruchsbefugnis darlegungs- und beweisbelastet sein dürfte. Denn die Durchsetzung des Vertragsstrafeanspruchs sei dann rechtsmissbräuchlich, wenn der IDO überhaupt gar nicht befugt gewesen ist, eine Abmahnung auszusprechen. Dies ist dann der Fall, wenn der IDO Verband keine bedeutende Anzahl von Mitgliedern aus derselben Branche des in Anspruch Genommenen hat, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Ob der IDO Verband im vorliegenden Verfahren rechtsmissbräuchlich gehandelt hat, wird sich feststellen lassen, wenn der IDO Verband vor dem Amtsgericht Charlottenburg eine hinreichende Mitgliederliste vorgelegt hat. Daran bestehen unsererseits erhebliche Zweifel.

Aus gegebenem Anlass weisen wir in diesem Zusammenhang darauf hin, dass unsererseits ebenfalls große Zweifel bestehen, ob der IDO Verband in der Textilbranche abmahnen darf. Einer anonymisierten Mitgliederliste des IDO Verbandes aus dem Bereich "Textilien" konnten wir mit einiger Mühe entnehmen, dass eine große Anzahl von angeblichen Textilhändlern gar keine Textilien vertreibt, sondern u. a. Zooartikel, PC Zubehör, Fahrräder und Büroartikel. Manche der unter "Textilien" aufgelisteten Mitglieder erscheinen auch in anderen Mitgliederlisten des IDO Verbandes aus anderen Branchen, sodass sie insoweit doppelt oder mehrfach als Mitglieder geführt werden.

Nehmen Sie jedoch eine Abmahnung des IDO Verbandes sehr ernst. Wenn Sie eine Abmahnung des IDO Verbandes ignorieren, weil Sie sie z. B. für rechtsmissbräuchlich halten, kann es teuer werden. Im einstweiligen Verfügungsverfahren, das einen Betroffenen ggf. mehrere tausend Euro kosten kann, müssen Umstände, wie die Aktivlegitimation nicht bewiesen, sondern lediglich glaubhaft gemacht werden. Der IDO Verband ist sehr geschickt darin, dies z. B. unter Vorlage von lediglich anonymisierten Mitgliederlisten und eidesstattlichen Versicherungen zu tun und Gerichte zur Überzeugung gelangen zu lassen, er sei in der jeweiligen Branche aktivlegitimiert.




Freitag, 3. Juni 2016

Abmahnung durch Waldorf Frommer wegen Filesharings: The Simpsons

Uns wurde eine Abmahnung der Kanzlei Waldorf Frommer aus München vorgelegt.

Was werfen die Rechtsanwälte Waldorf Frommer dem Abgemahnten vor?

Namens der Twentieth Century Fox Home Entertainment Germany GmbH werfen die Rechtsanwälte Waldorf Frommer dem Abgemahnten vor, über seinen Internetanschluss die Simpsons-Folge "To Courier with love" über den Filesharing-Dienst Bittorrent öffentlich zugänglich gemacht zu haben.

Was fordern die Rechtsanwälte Waldorf Frommer in der Abmahnung?

Die Rechtsanwälte Waldorf Frommer fordern in der Abmahnung die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung, wobei ein Muster beigefügt ist. Darin soll sich der Abgemahnte verpflichten, die Simpsons-Folge nicht mehr öffentlich zugänglich zu machen. Außerdem fordern die Rechtsanwälte Waldorf Frommer als Schadensersatz und Aufwendungsersatz wegen des angeblichen öffentlichen Zugänglichmachens der Simpsons Folge einen Geldbetrag in Höhe von 569,50 Euro. Als Frist für die Unterzeichnung der Unterlassungserklärung wurden vorliegend 10 Tage gesetzt.

Was sollten Sie tun, wenn Sie eine Abmahnung wegen Filesharings einer Simpsons-Folge erhalten haben?

Falls Sie eine Abmahnung wegen Filesharings einer Simpsons-Folge (z. B. To Courier with love) von der Kanzlei Waldorf Frommer erhalten haben, sollten Sie folgendes tun:
  • Notieren Sie das Posteingangsdatum sowie
  • sämtliche gesetzten Fristen.
  • Holen Sie unverzüglich Rechtsrat ein.

Was sollten Sie unter keinen Umständen bei einer Abmahnung wegen Filesharings
einer Simpsons-Folge tun?

Im Falle einer Abmahnung der Kanzlei Waldorf Frommer wegen Filesharings einer Simpsons-Folge sollten Sie folgendes ganz bestimmt nicht tun:
  • Nehmen Sie nicht ohne anwaltlichen Beistand Kontakt zur Gegenseite auf,
  • zahlen Sie keine Geldbeträge, ohne dass die Abmahnung vorher anwaltlich geprüft wurde,
  • unterschreiben Sie ebensowenig ungeprüft die geforderte Unterlassungserklärung,
  • ignorieren Sie die Abmahnung nicht.
 
Wenn Sie diese Ratschläge befolgen, stehen nach Erfahrung des Unterzeichners die Chancen, in der überwiegenden Anzahl der Fälle sehr gut, überhaupt nichts an die Gegenseite zahlen zu müssen.

Dienstag, 3. Mai 2016

Beschluss des Kammergerichts zu Streitwerten im Wettbewerbsrecht



Das Kammergericht hat im Rahmen eines Prozesskostenhilfeantrages betreffend eine Streitwertbeschwerde noch einmal bekräftigt, welche Streitwerte es in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten bei scheinbaren Kavaliersdelikten (Impressumsverstößen, Verstößen gegen Vorschriften betreffend Widerrufsbelehrungen, fehlendem Hinweis auf Mängelhaftungsrecht, etc.) für angemessen hält. Dabei war auch die wirtschaftliche Situation des in Anspruch Genommenen maßgebend.

Leitsätze des Verfassers:


1.
Das gänzliche Fehlen eines Impressums oder einer Widerrufsbelehrung bewertet der Senat mit einem Hauptsachewert von 15.000,- Euro, deren Fehlerhaftigkeit dagegen mit 7.500,- Euro.

2.
Der fehlende Hinweis auf das Bestehen des gesetzlichen Mängelhaftungsrechts ist einem fehlerhaften Impressum bzw. einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung gleichzusetzen und in der Hauptsache mit 7.500,- Euro anzusetzen.

3.
Für das Eilverfahren bleibt es dabei, dass der Verfahrenswert 2/3 des Hauptsachestreitwertes beträgt. Ist die Sache für den in Anspruch genommenen im Hinblick auf seine bisherige unternehmerische Tätigkeit und seine Einkommensverhältnisse jedoch von geringerer wirtschaftlicher Bedeutung i. S. d. § 51 Abs. 3 Satz 1 GKG, ist ein weiterer Abzug von 1/3 des Gesamtwertes angemessen.


Volltext:
           
Kammergericht
Beschluss

Geschäftsnummer: 5 W 224/15
103 O 44/15 Landgericht Berlin

In dem Streitwertfestsetzungsverfahren
zu dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

… ./. …

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Schmelz, den Richter am Kammergericht Dr. Pahl und die Richterin am Kammergericht Johansson

am 15. März 2016
beschlossen: 


1.
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 24. September 2015 gegen den Beschluss der Kammer für Handelssachen 103 des Landgerichts Berlin vom 14. September 2015 - 103 O 44/15 - wird zurückgewiesen.

2.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:
I.
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen die Zurückweisung seines Prozesskostenhilfegesuchs ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. und Satz 3, § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 ZPO statthaft und zulässig, aber nicht begründet.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe liegen nicht vor, da die beabsichtigte Beschwerde gegen die Wertfestsetzung im Beschluss der Kammer für Handelssachen 103 des Landgerichts Berlin vom 28. April 2015 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

1.
Gemäß § 51 Abs. 2 GKG ist der Wert eines Verfahrens, mit dem Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche durchgesetzt werden sollen, nach freiem Ermessen zu bestimmen.

Maßgeblich für die Ermessensausübung ist bei einer auf Unterlassung von Lauterkeitsrechtsverletzungen gerichteten Klage zunächst das Interesse, das der Kläger an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße hat (§ 51 Abs. 2 GKG).

Dieses Interesse wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit für den Wettbewerber oder Verbraucher bzw. den Gläubiger anhand des drohenden Schadens bestimmt. Dabei sind u. a. die Unternehmensverhältnisse bei dem Verletzer (Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft, Marktstellung und deren voraussichtliche Entwicklung), die Auswirkungen zukünftiger Verletzungshandlungen (Ausmaß, Intensität und Häufigkeit, insbesondere durch die bereits begangene Verletzungshandlung) und die Intensität der Wiederholungsgefahr (Verschuldensgrad, späteres Verhalten) zu berücksichtigen (vgl. zu Vorstehendem BGH GRUR 1990, 1052, 1053 - Streitwertbemessung; Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm. UWG, 34. Aufl., § 12, Rn. 5.3 ff. m. w. N.).

Ein gewichtiges Indiz für die Schätzung des Interesses nach vorstehenden Grundsätzen bildet nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Angabe des Streitwerts in der Klage- bzw. Antragsschrift; denn diese Angabe erfolgt grundsätzlich noch unbeeinflusst vom Ausgang des Rechtsstreits. Sie kann daher der Streitwertfestsetzung regelmäßig zugrunde gelegt werden, es sei denn, dass sich aus den Umständen die Fehlerhaftigkeit der Angabe ergibt. Die Streitwertangabe enthebt das Gericht daher nicht der Notwendigkeit, diese anhand der Aktenlage und sonstiger Gegebenheiten unter Berücksichtigung seiner Erfahrung und in vergleichbaren Fällen erfolgter Wertfestsetzungen selbständig nachzuprüfen (vgl. Senat KG-Report 1998, 170, 171).

Vorstehende Grundsätze gelten entsprechend für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, wobei nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der Verfahrenswert regelmäßig mit zwei Dritteln eines entsprechenden Hauptsacheverfahrenswertes bemessen werden kann (Senat WRP 2005, 368), um den Vorgaben des § 51 Abs. 4 GKG zu genügen. Diesen Vorgaben hält die Entscheidung des Landgerichts Stand, den Wert der vom Antragsteller geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung,

a)
im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz auf der Handelsplattform eBay betreffend Kosmetik Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten,

aa)
bei denen eine Widerrufsbelehrung ohne Information über das Musterwiderrufsformular gemäß dem amtlichen Muster zur Verfügung gestellt wird,

und/oder

bb)
ohne Informationen über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für Waren zur Verfügung zu stellen,

und/oder

b)
im elektronischen Geschäftsverkehr auf der Handelsplattform eBay betreffend Kosmetik Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, ohne den Kunden darüber zu informieren, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer selbst gespeichert wird und ob der Unternehmer selbst den Vertragstext dem Kunden dem Kunden zugänglich macht,

wie im landgerichtlichen Beschluss nachstehend wiedergegeben, auf insgesamt 10.000,- € festzusetzen.

Das gänzliche Fehlen der Widerrufsbelehrung bewertet der Senat im Regelfall mit 15.000,-. € in der Hauptsache (vgl. WRP 2010, 789), eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung hingegen nur mit einem Teilbetrag (vgl. Beschluss vom 5. Dezember 2006, 5 W 295/O6), regelmäßig 7.500,- €.

Es entspricht zudem ständiger Rechtsprechung des Senats, bei Verstößen gegen die einem Diensteanbieter gemäß § 5 TMG treffenden Informationspflichten im Fall eines gänzlich fehlenden Impressums in der Regel einen Hauptsachewert von 15.000,- € und bei einem fehlerhaften Impressum in der Regel einen Wert von 7.500,- € anzunehmen (vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 18. September 2012, 5 W 146/12).

lm vorliegenden Fall hat der Antragsteller die Widerrufsbelehrung des Antragsgegners im Hinblick auf das Fehlen eines Musterwiderrufsformulars beanstandet, so dass nach dem Vorgesagten der anteilige Wert des auf die Widerrufsbelehrung gerichteten Verbots im vorliegenden Eilverfahren mit 5.000,- € anzusetzen ist.

Das Fehlen der Informationen über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts ist einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung bzw. einem fehlerhaften Impressum in jedem Fall gleichzusetzen, also im vorliegenden Fall mit jedenfalls 5.000,- € anzusetzen.

Damit ist der vom Landgericht festgesetzte Wert erreicht, ohne dass die fehlende Information darüber, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer gespeichert wird und dem Kunden zugänglich ist, berücksichtigt worden ist. Da aber der anteilige Wert des auf Unterlassung dieses Wettbewerbsverstoßes in vergleichbarer Größenordnung anzusetzen ist, entspricht dies einer Minderung des grundsätzlich angemessenen Gesamtverfahrenswertes um 1/3.

Dies genügt, um der geringeren Bedeutung der Sache für den Antragsgegner gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 GKG, gerade auch im Hinblick auf den bisherigen Umfang seiner unternehmerischen Tätigkeit und seine bisherigen Einkommensverhältnisse, Rechnung zu tragen. (vgl. auch OLG Zweibrücken NJW-RR 2014, 1535). § 51 Abs. 3 Satz 2 GKG kann hier keine Anwendung finden, da nach den obigen Ausführungen genügende Anhaltspunkte für die Bestimmung des Verfahrenswertes vorliegen.

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Schmelz                    Dr. Pahl                     Johansson