Landgericht Göttingen,
Geschäfts-Nr.: 3 O 51/18
verkündet am; 10.04.2019
lm Namen des Volkes!
Urteil
ln dem Rechtsstreit
IDO
lnteressenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen
e.V. vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten, durch die Präsidentin Helene
Eibl, Uhlandstraße 1, 51379 Leverkusen,
Klägerin
Prozessbevollmächtigte:
Dr. PAPS REICHELT PAUL, Vorsetzen 41, 20459 Hamburg, Geschäftszeichen: 438/18
gegen
Beklagte
Prozessbevollmächtigte:
Kanzlei von der Heyden, Konstanzer Straße 6, 10707 Berlin,
hat die
3. Zivilkammer (3. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Göttingen auf die
mündliche Verhandlung vom 20.03.2019 durch die Vorsitzende Richterin am
Landgericht
Merrem
für R
e c h t erkannt:
Die
Klage wird abgewiesen
Der
Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das
Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe
in Anspruch.
Durch Erklärung vom 19.1.2018, vom Kläger
angenommen am 22.1.2018, verpflichtete sich die Beklagte unter anderem, es zu
unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher betreffend Schmuck
eine Webseite zu betreiben, ohne eine Datenschutzerklärung vorzuhalten.
Die Beklagte ist als Qualitätsingenieurin in
Teilzeit tätig und macht nebenberuflich eine Ausbildung zur psychologischen
Beraterin. Am 26.6.2018 unterhielt sie eine Homepage ohne Datenschutzerklärung
mit dem Namen …………………., die ein Kontaktformular, jedoch keine Preisangaben
enthielt und auf der u.a. ein Anhänger abgebildet ist. Wegen der Einzelheiten
wird auf Anlage K 2 Bezug genommen.
Über der Abbildung des Schmuckstücks heißt es:
Schmuck
Die Gießharztechnik hat mich in ihren
Bann gezogen. Jedes Stück ist ein Einzelstück und mit Liebe handgemacht. Viele
weitere Schmuckstücke sowie meine Bilder können in meinem Atelier unverbindlich
besichtigt werden. Dafür können wir gern einen Termin vereinbaren.
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Auf Anfrage versende ich auch gern.
Der Kläger sieht darin einen Verstoß gegen die
Unterlassungserklärung und nimmt die Beklagte auf Zahlung einer von ihm für
angemessen gehaltenen Vertragsstrafe von 1500,00 Euro in Anspruch. Er
behauptet, der Geschäftsbetrieb der Beklagten entspreche dem einer normalen
wirtschaftlichen Bedeutung, da sie eine Vielzahl von gemalten Bildern und
handgemachten Schmuck auf ihrer Homepage veröffentlicht habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger
1500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, nicht im geschäftlichen Verkehr
gehandelt zu haben. Auf ihrem Internetauftritt präsentiere sie in erster Linie
ihr Atelier, welches sie aus Liebhaberei im Keller ihres Hauses eingerichtet
habe und in welchem sie fast ausschließlich selbst gemalte Bilder ausstelle.
Sie habe dort auch einen kleinen Tisch, auf welchem ein paar wenige
Schmuckstücke ausgelegt seien.
Bis zu der ersten Abmahnung durch den Kläger im
Januar 2018 habe sie ihre Schmuckstücke auf der Plattform DaWanda präsentiert
und seit dem Jahr 2010 bei elf Verkäufen in acht Jahren insgesamt 114,00 Euro
Gesamtumsatz gehabt. Seit Januar 2018 habe sie sich von der Plattform
abgemeldet und die Herstellung sowie den Verkauf von Schmuckstücken gänzlich
eingestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und
Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und
das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.3.2019 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Beklagte hat nicht gegen Ziff. ll des
Unterlassungsvertrags verstoßen, denn sie hat bezüglich der Angaben über
Schmuck auf ihrer Webseite nicht im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher,
sondern in privater Angelegenheit gehandelt.
Handelt eine natürliche Person nicht als Inhaber
eines eigenen Unternehmens oder zugunsten eines fremden Unternehmens, sondern
als Verbraucher im Eigeninteresse, so liegt von vornherein keine geschäftliche
Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor. Es fehlt an der Förderung eines
Unternehmens. Die Abgrenzung hat nach objektiven Kriterien unter
Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Zum Handeln als
Verbraucher gehören insbesondere Privatkäufe und -Verkäufe. Sie stellen auch
dann keine geschäftlichen Handlungen dar, wenn sie ein Unternehmer in seiner
Eigenschaft als Privatmann vornimmt (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler UWG, 37.
Aufl. 2019, § 2 Rn.1a,19).
Geboten ist eine wirtschaftliche
Betrachtungsweise, die nicht auf die Rechtsform, sondern auf die tatsächliche
Stellung im Wettbewerb abhebt. Erforderlich ist eine auf eine gewisse Dauer
angelegte, selbständige wirtschaftliche Betätigung, die darauf gerichtet ist,
Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt zu vertreiben. Auf Dauer angelegt
(und damit planmäßig) ist die Tätigkeit, wenn sie sich nicht in gelegentlichen Geschäftsakten
erschöpfen soll. Verkäufe aus Privatvermögen, mögen sie auch einen gewissen
Umfang erreichen, begründen daher keine Unternehmenseigenschaft. Die Abgrenzung
ist vor allem beim Verkauf über Internet-Plattformen (zB eBay) von Bedeutung.
Dabei sind die Umstände des Einzelfalls in einer Gesamtschau zu würdigen. Anhaltspunkte
für eine unternehmerische Tätigkeit sind wiederholte, gleichartige Angebote,
ggf. auch von neuen Gegenständen, Angebote erst kurz zuvor erworbener Waren,
eine ansonsten gewerbliche Tätigkeit des Anbieters, häufige Bewertungen („Feedbacks“)
und Verkaufsaktivitäten für Dritte (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 37. Aufl.
2019, UWG § 2 Rn. Randnummer 23 m.w.N.).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf die
streitgegenständliche Website der Beklagten ergibt sich, dass bezüglich des
Schmucks kein Handeln im geschäftlichen Verkehr vorlag. Vielmehr hat die
Beklagte im Rahmen ihres Hobbys ein von ihr hergestelltes Schmuckstück
präsentiert. Die im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu würdigende Tätigkeit der
Beklagten geht über eine Liebhaberei nicht hinaus. Nachdem die Beklagte substantiiert
zum Umfang ihrer Geschäftstätigkeit vorgetragen hatte, nämlich dass sie innerhalb
von acht Jahren elf Schmuckstücke im Wert von insgesamt 146,00 Euro verkauft hatte,
hatte sie ihrer sekundären Darlegungslast genügt, sodass es Sache des Klägers war,
demgegenüber einen die Annahme einer geschäftlichen Tätigkeit rechtfertigenden Umfang
der Geschäftstätigkeit darzulegen und zu beweisen (BGH, Urteil vom 4.12.2008 -
l ZR 3/06 -, juris-Rn 27). Daran fehlt es, obwohl es dem Kläger ohne weiteres
möglich und zumutbar gewesen wäre, etwa Verkaufszahlen und Bewertungen der
Beklagten bei den gängigen Internetplattformen wie eBay usw. anzugeben, wenn es
denn solche gegeben hätte. Angesichts des sowohl hinsichtlich der Zahl der
Verkäufe als auch hinsichtlich des Umsatzes äußerst geringen Geschäftsumfangs
von weniger als einem verkauften Schmuckstück im Jahr mit einem
Durchschnittswert von unter 20,00 Euro scheidet eine geschäftliche Betätigung
der Beklagten in diesem Bereich aus.
Die Klage war mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO
abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf
§§ 708 Nummer 11,711 ZPO.
Anmerkung des Verfassers: Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem der IDO Verband seine hiergegen eingelegte Berufung vor dem OLG Braunschweig zurückgenommen hat.
Anmerkung des Verfassers: Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem der IDO Verband seine hiergegen eingelegte Berufung vor dem OLG Braunschweig zurückgenommen hat.