Sonntag, 18. August 2019

IDO Verband unterliegt vor dem LG Göttingen mit Vertragsstrafenforderung


Landgericht Göttingen, Geschäfts-Nr.: 3 O 51/18
 verkündet am; 10.04.2019

lm Namen des Volkes!
Urteil
ln dem Rechtsstreit

IDO lnteressenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten, durch die Präsidentin Helene Eibl, Uhlandstraße 1, 51379 Leverkusen,

Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Dr. PAPS REICHELT PAUL, Vorsetzen 41, 20459 Hamburg, Geschäftszeichen: 438/18

gegen



Beklagte

Prozessbevollmächtigte: Kanzlei von der Heyden, Konstanzer Straße 6, 10707 Berlin,

hat die 3. Zivilkammer (3. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Göttingen auf die mündliche Verhandlung vom 20.03.2019 durch die Vorsitzende Richterin am
Landgericht Merrem

für R e c h t erkannt:

Die Klage wird abgewiesen

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch.

Durch Erklärung vom 19.1.2018, vom Kläger angenommen am 22.1.2018, verpflichtete sich die Beklagte unter anderem, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher betreffend Schmuck eine Webseite zu betreiben, ohne eine Datenschutzerklärung vorzuhalten.

Die Beklagte ist als Qualitätsingenieurin in Teilzeit tätig und macht nebenberuflich eine Ausbildung zur psychologischen Beraterin. Am 26.6.2018 unterhielt sie eine Homepage ohne Datenschutzerklärung mit dem Namen …………………., die ein Kontaktformular, jedoch keine Preisangaben enthielt und auf der u.a. ein Anhänger abgebildet ist. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 2 Bezug genommen.

Über der Abbildung des Schmuckstücks heißt es:

Schmuck

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Der Kläger sieht darin einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung und nimmt die Beklagte auf Zahlung einer von ihm für angemessen gehaltenen Vertragsstrafe von 1500,00 Euro in Anspruch. Er behauptet, der Geschäftsbetrieb der Beklagten entspreche dem einer normalen wirtschaftlichen Bedeutung, da sie eine Vielzahl von gemalten Bildern und handgemachten Schmuck auf ihrer Homepage veröffentlicht habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, nicht im geschäftlichen Verkehr gehandelt zu haben. Auf ihrem Internetauftritt präsentiere sie in erster Linie ihr Atelier, welches sie aus Liebhaberei im Keller ihres Hauses eingerichtet habe und in welchem sie fast ausschließlich selbst gemalte Bilder ausstelle. Sie habe dort auch einen kleinen Tisch, auf welchem ein paar wenige Schmuckstücke ausgelegt seien.

Bis zu der ersten Abmahnung durch den Kläger im Januar 2018 habe sie ihre Schmuckstücke auf der Plattform DaWanda präsentiert und seit dem Jahr 2010 bei elf Verkäufen in acht Jahren insgesamt 114,00 Euro Gesamtumsatz gehabt. Seit Januar 2018 habe sie sich von der Plattform abgemeldet und die Herstellung sowie den Verkauf von Schmuckstücken gänzlich eingestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.3.2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Beklagte hat nicht gegen Ziff. ll des Unterlassungsvertrags verstoßen, denn sie hat bezüglich der Angaben über Schmuck auf ihrer Webseite nicht im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher, sondern in privater Angelegenheit gehandelt.

Handelt eine natürliche Person nicht als Inhaber eines eigenen Unternehmens oder zugunsten eines fremden Unternehmens, sondern als Verbraucher im Eigeninteresse, so liegt von vornherein keine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor. Es fehlt an der Förderung eines Unternehmens. Die Abgrenzung hat nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Zum Handeln als Verbraucher gehören insbesondere Privatkäufe und -Verkäufe. Sie stellen auch dann keine geschäftlichen Handlungen dar, wenn sie ein Unternehmer in seiner Eigenschaft als Privatmann vornimmt (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler UWG, 37. Aufl. 2019, § 2 Rn.1a,19).

Geboten ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, die nicht auf die Rechtsform, sondern auf die tatsächliche Stellung im Wettbewerb abhebt. Erforderlich ist eine auf eine gewisse Dauer angelegte, selbständige wirtschaftliche Betätigung, die darauf gerichtet ist, Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt zu vertreiben. Auf Dauer angelegt (und damit planmäßig) ist die Tätigkeit, wenn sie sich nicht in gelegentlichen Geschäftsakten erschöpfen soll. Verkäufe aus Privatvermögen, mögen sie auch einen gewissen Umfang erreichen, begründen daher keine Unternehmenseigenschaft. Die Abgrenzung ist vor allem beim Verkauf über Internet-Plattformen (zB eBay) von Bedeutung. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls in einer Gesamtschau zu würdigen. Anhaltspunkte für eine unternehmerische Tätigkeit sind wiederholte, gleichartige Angebote, ggf. auch von neuen Gegenständen, Angebote erst kurz zuvor erworbener Waren, eine ansonsten gewerbliche Tätigkeit des Anbieters, häufige Bewertungen („Feedbacks“) und Verkaufsaktivitäten für Dritte (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 37. Aufl. 2019, UWG § 2 Rn. Randnummer 23 m.w.N.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf die streitgegenständliche Website der Beklagten ergibt sich, dass bezüglich des Schmucks kein Handeln im geschäftlichen Verkehr vorlag. Vielmehr hat die Beklagte im Rahmen ihres Hobbys ein von ihr hergestelltes Schmuckstück präsentiert. Die im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu würdigende Tätigkeit der Beklagten geht über eine Liebhaberei nicht hinaus. Nachdem die Beklagte substantiiert zum Umfang ihrer Geschäftstätigkeit vorgetragen hatte, nämlich dass sie innerhalb von acht Jahren elf Schmuckstücke im Wert von insgesamt 146,00 Euro verkauft hatte, hatte sie ihrer sekundären Darlegungslast genügt, sodass es Sache des Klägers war, demgegenüber einen die Annahme einer geschäftlichen Tätigkeit rechtfertigenden Umfang der Geschäftstätigkeit darzulegen und zu beweisen (BGH, Urteil vom 4.12.2008 - l ZR 3/06 -, juris-Rn 27). Daran fehlt es, obwohl es dem Kläger ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre, etwa Verkaufszahlen und Bewertungen der Beklagten bei den gängigen Internetplattformen wie eBay usw. anzugeben, wenn es denn solche gegeben hätte. Angesichts des sowohl hinsichtlich der Zahl der Verkäufe als auch hinsichtlich des Umsatzes äußerst geringen Geschäftsumfangs von weniger als einem verkauften Schmuckstück im Jahr mit einem Durchschnittswert von unter 20,00 Euro scheidet eine geschäftliche Betätigung der Beklagten in diesem Bereich aus.

Die Klage war mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nummer 11,711 ZPO.

Anmerkung des Verfassers: Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem der IDO Verband seine hiergegen eingelegte Berufung vor dem OLG Braunschweig zurückgenommen hat.