Montag, 14. Dezember 2020

Erneut Rechtsmissbrauch: IDO Verband unterliegt vor LG Hildesheim

 

Landgericht

Hildesheim

lm Namen des Volkes

Urteil

Aktenzeichen: 11 O 5/19                                                                                       Verkündet am 24.11.2020

 

In dem Rechtsstreit

IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-

Unternehmen e.V., vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch die 1.

Vorsitzende …, Uhlandstraße 1, 51379 Leverkusen,

- Kläger -

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Dr. Paps, Reichelt, Paul, Vorsetzen 41, 20459 Hamburg,

Geschäftszeichen: 491/18 BW17,

gegen

 - Beklagte

Prozessbevollmächtigter:

von der Heyden Rechtsanwaltskanzlei, Konstanzer Straße 6, 10707 Berlin,

Geschäftszeichen: 28/19 Cv06,

hat das Landgericht Hildesheim - 2. Kammer für Handelssachen - durch die

Vorsitzende Richterin am Landgericht … den Handelsrichter … - und

den Handelsrichter … im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs.2 ZPO

aufgrund der bis zum 9. November 2020 eingereichten Schriftsätze am 24. November

2020 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des

jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf bis zu 12.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Unterlassung von Wettbewerbsverstößen.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der laut seiner Satzung die Interessen von Online-Unternehmen vertritt. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört nach § 2 Abs. 2 der Satzung (Anlage K 3a (ab 26.06.2018) und Anlage K 3 (gesondert geheftet) die Förderung insbesondere der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder. In streitigen Fällen werden die Satzungszwecke u.a. durch Abmahnungen und Prozessführung verwirklicht (§ 2 Abs. 3 der Satzung). Das Zustandekommen der Mitgliedschaft bei dem Kläger wird durch die Satzung sowie die - online abrufbaren -Nutzungsbedingungen des Klägers (Anlage B 16, Bd. l Bl. 99 ff. d.A.) geregelt. Interessierte Unternehmen werden beim Kläger Mitglied, indem sie über das Online-Registrierungsformular auf der Webseite des Klägers (www.ido-verband.de) ihre Registrierung abgeben und nach Eingabe der erforderlichen Daten auf das Feld „registrieren“ klicken. Das potentielle Mitglied erhält sodann eine automatische E-Mail mit vorläufigen Zugangsdaten zum Portal des Klägers. Nachfolgend erhält das potentielle Mitglied sodann eine Rechnung zu seiner Jahresmitgliedschaft. Einen gesonderten Aufnahmebeschluss des Vorstandes gibt es nicht.

Die Beklagte handelt als gewerbliche Verkäuferin über die Online-Plattform eBay mit Münzen. Sie bot bei eBay am 3. Mai 2017 eine Goldmünze Kaiser Wilhelm ll (Angebot Anlage K 7) zum Verkauf an. In dem Angebot fehlte in der Widerrufsbelehrung ein Hinweis auf das Muster-Widerrufsformular sowie ein Link zu der eingerichteten Online-Plattform der EU-Kommission zur außergerichtlichen Online-Streitbeilegung (OS-Plattform). Weiter fehlte es in dem Angebot an der Pflichtinformation, ob die Beklagte den Vertragstext selbst speichert und dem Kunden zugänglich macht. Nach Kenntniserlangung von den Verstößen mahnte der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 3. Mai 2017 (Anlage K 10) ab und forderte sie zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf, was die Beklagte ablehnte.

Der Kläger nahm daraufhin die Beklagte im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Hildesheim (Beiakte 11 O 17/17) wegen dieser Verstöße in Anspruch. Dieses erließ zunächst die begehrte einstweilige Verfügung mit Beschluss vom 26. Mai 2017 (Bl. l Bl. 23 ff Beiakte), hob diese jedoch auf den Widerspruch der Beklagten auf (Urteil vom 24. Oktober 2017, Bd. l Bl. 130 ff Beiakte). Auf die Berufung des Klägers erließ das Oberlandesgericht Celle mit Urteil vom 13. März 2018 (13 U 160/17, Anlage K 14 = Bd. lll Bl. 454 ff. Beiakte) die einstweilige Verfügung und verurteilte den Beklagten zur Unterlassung.

Nachdem die Beklagte auch nach Aufforderung des Klägers vom 4. Juni 2018 keine Abschlusserklärung abgab, erhob der Kläger am 8. Februar 2019 die vorliegende Klage.

Der Kläger behauptet, er sei aktivlegitimiert und prozessführungsbefugt. Die Aktivlegitimation des Klägers sei bislang von den angerufenen Wettbewerbsgerichten gerichtlich bestätigt worden. Es bestehe daher eine tatsächliche Vermutung für das Bestehen der Aktivlegitimation. Er verfüge über die personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung, um seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen. Er verfüge über eine eigene Geschäftsstelle, die die tägliche Arbeit wahrnehme. Hierzu zählen insbesondere die Mitgliederbetreuung sowie die Feststellung von Wettbewerbsverstößen nebst eigenständiger Verfolgung durch Abmahnungen. Erst wenn gerichtliche Verfahren notwendig' würden, beauftrage er eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen. Die Mitarbeiterinnen des Klägers seien jahrelang dort tätig und verfügten über großes Wissen im Bereich des Wettbewerbsrechts in Theorie und Praxis. Sämtliche Mitarbeiterinnen des Klägers besuchten z.B. regelmäßig Schulungsveranstaltungen, die von spezialisierten Anwälten abgehalten würden.

Der Kläger verfüge außerdem über eine ausreichende finanzielle Ausstattung, wie monatliche Einnahmen, die es 'ihm ohne weiteres ermöglichen, die laufenden finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. lm Jahr 2017 seien Mitgliedsbeiträge von durchschnittlich 44.627,08 ê/Monat bzw. 535.525,01 ê/Jahr erzielt worden. Die Mitgliederzahl habe im März 2018 2.395 Mitglieder betragen. Er verfüge über eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern, in der Branche „Sammlerartikel - Münzhandel, Silberwaren und Schmuck“ im Onlinehandel bundesweit tätig seien. Ihm gehörten aktuell 29 Händler an, die bundesweit derartige Sammlerartikel über die Handelsplattformen eBay bzw. Amazon und/oder in eigenen Onlineshops vertreiben würden (nicht anonymisierte Mitgliederliste Stand 09.05.2019 Anlage K 34; zuvor 30 Mitglieder: Mitgliederliste Anlage K 8). Zum Nachweis der Mitgliedschaft sei die Vorlage der nicht anonymisierten Mitgliederliste nebst aktuellen Rechnungen und Zahlungsnachweisen ausreichend. Die Zahlungen der Mitgliedsbeiträge ergäben sich aus den StarMoney-Kontoauszügen (Anlage K 53) sowie aus den Kontoauszügen seiner Bank (Anlage K 54), den aktuellen Mitgliedsrechnungen (Anlage K 55 und K 65). Dass diese Mitglieder auch tatsächlich in der Rubrik, Silberwaren und Schmuck tätig seien, ergeben sich aus den aktuellen Screenshots (Anlage K 56, K 58, K 60 bis K 64). Unschädlich sei, dass es sich bei den Mitgliedern, die als Händler tätig seien, um passive Vereinsmitglieder handele. Dies sei gerade gewollt, weil ansonsten die Vereinsziele des Klägers bei ca. 2.600 Mitgliedern nicht mit kostenpflichtigen Versammlungen und endlosen Debatten mit juristischen Laien zu erreichen seien. Die Mitgliederversammlungen fänden ca. alle fünf Jahre statt. Der Kläger verfüge über 30 bis 50 aktive Mitglieder. Eine Teilnahme an Versammlungen sei außerdem nicht die Zielsetzung der Mitglieder. Diese wünschten vielmehr, dass der Kläger den Markt und die juristischen Rahmenbedingungen beobachte und einen Support liefere, der ihnen möglichst viel Zeit lasse, sich um ihre eigenen Kerngeschäfte zu kümmern. Außerdem seien die passiven Mitglieder bei der Willensbildung auch nicht komplett außen vor; alle passiven Mitglieder hätten anderweitige Möglichkeiten, das Vereinsgeschehen zu beeinflussen. Die passiven Mitglieder stünden in regelmäßigen Kontakt mit dem Kläger und könnten sich bei Hilfestellungen jederzeit an diesen wenden. Viele der Beiträge, Rechtstexte und Formulare im Login-Bereich gingen auf Anregungen der passiven Mitglieder zurück. Die Mitgliederversammlungen würden außerdem bekannt gegeben und ein passives Mitglied würde nicht an der Teilnahme gehindert werden.

Der Kläger beantragt,

dem Beklagten wird aufgegeben, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, mit der Maßgabe, dass die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,

a) im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz betreffend Sammlerartikel im Bereich Münzhandel, Silberwaren und Schmuck Angebote zu veröffentlichen und /oder zu unterhalten,

(1) bei denen eine Widerrufsbelehrung ohne Information über das Muster-Widerrufsformular gemäß dem amtlichen *Muster zur Verfügung gestellt wird, und /oder

(2) ohne auf der Webseite einen für Verbraucher leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform einzustellen, und/oder

b) im elektronischen Geschäftsverkehr betreffend Sammlerartikel Angebote zu veröffentlichen und /oder zu unterhalten, ohne den Kunden darüber zu informieren, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmen selbst gespeichert wird und ob der Unternehmer selbst den Vertragstext dem Kunden zugänglich macht jeweils wie nachstehend wiedergegeben:

[Die drei folgenden Seiten enthalten Screenshots des Internetauftritts der

Beklagten und wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen entfernt.]

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert. Der Kläger habe weder nachgewiesen, dass er über die hinreichende sachliche, finanzielle und personelle Ausstattung verfüge, noch dass die benannten Händler Mitglied bei ihm seien und ihrerseits mit Münzen handeln würden. Vor allem sei das Vorgehen des Klägers insgesamt rechtsmissbräuchlich. Die Rechtsmissbräuchlichkeit ergebe sich daraus, dass nur einige wenige Stammmitglieder eine aktive Mitgliedschaft erhielten, alle anderen Mitglieder jedoch nur eine passive Mitgliedschaft. Diese würden daher systematisch von der Willensbildung innerhalb des Klägers ausgeschlossen. Die Mitglieder des Klägers seien außerdem nur Händler, die vorher selber abgemahnt worden seien und daher eine Zwangsmitgliedschaft eingegangen seien, sich also einem Schutzgeldsystem unterworfen hätten, um weiteren Abmahnungen zu entgehen. Der Rechtsmissbrauch zeige sich außerdem darin, dass der Kläger selbst bei positiver Kenntnis von Verstößen nicht gegen seine eigenen Mitglieder einschreite. Dieses Verschonen der eigenen Mitglieder erfolge systematisch und sei kein Einzelfall.

 

Die Kammer hat gemäß Beweisbeschluss vom 12. August 2019 (Bd. l Bl. 167 ff. d.A.) über die Frage der Mitgliedschaft durch Vernehmung von Zeugen Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 24. September 2019 (Bd. ll Bl. 211 ff. d.A.), 26. November 2019 (Bd. ll Bl. 309 ff. d.A.) und 23. Januar 2020 (Bd. Ill Bl. 396 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit Hinweisen gemäß Ziffern 1. und 2. des Beschlusses vom 14. April 2020 (Bd. Ill Bl. 523 ff. d.A.) wurde auf die mögliche Unzulässigkeit der Klage bzw. auf die Entscheidungsreife des Rechtsstreits hingewiesen und die Beendigung der Beweisaufnahme angekündigt.

Die Akte 11 O 17/17 Landgericht Hildesheim war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist unzulässig.

Zwar hat die Beklage bei ihrem Angebot vom 3. Mai 2017 die mit der Klage gerügten Pflichtangaben (fehlender Hinweis auf Muster-Widerrufsformular gemäß §§ 312b, 312g Abs. 1 i.V.m. §§ 255 ff, 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 2 und 3, Anlage 2 zu Art. 246a EGBGB; fehlender Hinweis auf die OS-Plattform gemäß § 312d BGB i.V.m. Art. 14 Abs. 1 VO(EU) Nr. 524/13, fehlende Information über Speicherung des Vertragstextes gemäß § 312i Abs. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. Art. 246c Nr. 2 EGBGB) unstreitig nicht erteilt und damit gegen §§ 3 Abs. 1, 3a UWG verstoßen. Dies hat die Beklagte in der Sache auch nicht in Abrede genommen.

Dem Kläger steht damit in der Sache grundsätzlich ein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG zu. Zur weiteren Begründung wird auf das Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 13. März 2018 (Az. 13 U 160/17, dort zu ll. 2.) Bezug genommen.

Die Klage ist jedoch rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig.

1.

Zunächst ist das Rechtschutzbedürfnis für die Hauptsacheklage nicht durch das vorangegangene einstweilige Verfügungsverfahren entfallen. Das einstweilige Verfügungsverfahren stellt eine vorläufige Regelung dar. Damit dieser vorläufigen Regelung eine Dauerwirkung wie ein Hauptsachetitel zukommt, bedarf es eines sogenannten Abschlussverfahrens zur endgültigen Beendigung des Rechtsstreits unter Vermeidung des Hauptsacheverfahrens (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 38. Aufl., § 12 Rn. 3.69 ff.). Der Kläger hat sich vorliegend um ein derartiges Abschlussverfahren bemüht. Die Abgabe einer Abschlusserklärung wurde jedoch von der Beklagten verweigert. Das Rechtschutzbedürfnis für die Hauptsacheklage ist damit nicht entfallen.

2.

Die in § 8 Abs. 3'Nr. 2 UWG enthaltene Regelung der Voraussetzungen, unter denen Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend machen können, betrifft sowohl die prozessuale Klagebefugnis als auch die sachlich-rechtliche Anspruchsberechtigung (BGH, Urteil vom 17.08.2011, l ZR 148/10 -2 Glücksspielverband, Rn. 12). Da es sich um Sachurteilsvoraussetzungen handelt, müssen sie auch noch in der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, a.a.O. §8 Rn. 3.66). Sie sind von Amts wegen im Freibeweisverfahren festzustellen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, a.a.O. § 8 Rn. 3.65).

Zwar ist der bereits seit einigen Jahren, tätige Kläger nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung zur Wahrnehmung seiner satzungsmäßigen Aufgaben in der Lage. Die Finanzausstattung des Klägers ist nach den verfügbaren Angaben als ausreichend anzusehen. Legt der Verband eine die Kosten des Streitfalls vielfach übersteigende liquide Finanzausstattung dar und ist nicht bekannt geworden, dass er in der Vergangenheit Zahlungspflichten für Prozesskosten nicht nachgekommen ist, so kann eine unzureichende finanzielle Ausstattung des Verbands grundsätzlich nur angenommen werden, wenn das bei zurückhaltender Betrachtung realistische Kostenrisiko des Verbands seine dafür verfügbaren Mittel spürbar übersteigt (BGH, Urteil vom 17.08.2011, l ZR 148/10 - Glücksspielverband, Rn. 15). lm Streitfall belief sich nach den vorgelegten Unterlagen das Kontoguthaben des Klägers zum 28.01.2019 (Auszug Anlage K 6) auf 104.061,28 ê. Hinzu kommen die vom Kläger benannten Mitgliedsbeiträge von rund 44.000,00 € im Monat, sowie die eingezogenen Abmahnkosten. Es bestehen auf dieser Grundlage keine Anhaltspunkte dafür, dass das Kostenrisiko der von dem Kläger geführten Rechtsstreitigkeiten die verfügbaren Mittel spürbar übersteigt. Auch hinsichtlich der sachlichen und personellen Ausstattung des Klägers bestehen keine Zweifel.

Der Kläger verfügt über angemietete Büroräume nebst der erforderlichen Büroausstattung (vgl. Anlagenkonvolut K 4) und beschäftigt - neben der Vereinsvorsitzenden - eine Geschäftsführerin sowie drei weitere angestellte Mitarbeiterinnen. Weiter sind für den Kläger - nebenberuflich - ein Justiziar und zwei freie Mitarbeiter tätig.

b)

Die Kammer hat auf der Grundlage der von dem Kläger - erst im Laufe des Rechtsstreits - vorgelegten Unterlagen und der bislang vernommenen Zeugen keine durchgreifenden Zweifel mehr, dass die von dem Kläger in der nicht anonymisierten Mitgliederliste benannten 29 Mitglieder auch tatsächlich Mitglieder des Klägers sind die jeweils Münzen, Schmuck oder Silberwaren zum Kauf anbieten.

aa)

Der Kläger hat anhand der aktualisierten Mitgliederliste (Anlage K 34, Stand vom 9. Mai 2019) substantiiert vorgetragen, dass er über 29 Mitglieder der streitgegenständlichen Branche verfügt und diese Mitglieder namentlich benannt. Der Kläger hat außerdem im Laufe des Rechtsstreits für jedes einzelne Mitglied die Rechnungen über den Mitgliedsbeitrag sowie die damit korrespondierenden Zahlungsbelege vorgelegt und diese auch für das Jahr 2020 aktualisiert. Dem ist die Beklagte nicht mehr substantiiert entgegengetreten. Das schlichte Bestreiten, dass diese 29 Personen trotz der Zahlung der Mitgliedsbeiträge kein Mitglied geworden sind, reichte aufgrund der weiteren von dem Kläger vorgelegten Unterlagen nicht (mehr) aus. Darauf ist die Beklagte auch mit Hinweis vom 4. April 2020 hingewiesen worden. Substantieller Vortrag zu dem Fehlen der Mitgliedschaft von allen bzw. einzelnen Mitgliedern ist danach jedoch nicht mehr erfolgt.

Die von der Kammer vernommenen Zeugen haben außerdem sämtlich ihre Mitgliedschaft bei dem Kläger bestätigt. Konkrete Anhaltspunkte, dass demgegenüber die weiteren im Beweisbeschluss benannten und von der Kammer nicht mehr vernommenen Zeugen entgegen der vorgelegten Unterlagen kein Mitglied beim Kläger sind, liegen nicht vor. Die Beklagte hat dazu auch trotz des Hinweises des Gerichts keinen konkreten Vortrag mehr gehalten. Die Mitgliedschaft scheitert auch nicht an einem fehlenden Beschluss des Vorstands des Klägers. Die Mitgliedschaft ist jedenfalls konkludent durch Übersendung der Mitgliedsrechnung aufgrund der Online-Anmeldung und der nachfolgenden Zahlung der Mitgliedsbeiträge zustande gekommen. Zwar war in § 3 Abs. 2 der alten Satzung (Anlage K 3) ausgeführt, dass der Vorstand über die Aufnahme durch einstimmigen Beschluss entscheidet; in § 3 Abs. 1 der neuen Satzung (Anlage K 3a) ist nur noch ausgeführt: „Der Vorstand entscheidet über die Aufnahme“. Unstreitig hat es einen Beschluss des Vorstands hinsichtlich der Aufnahme von neuen Mitgliedern nicht gegeben.

Die Mitgliedschaft in einem Verein wird durch Beitritt erworben. Der Beitritt ist ein Vertrag zwischen Verein und Mitglied, durch den die Mitgliedschaft des Beitretenden begründet wird und der durch Beitrittserklärung des künftigen Mitglieds sowie Annahmeerklärung des Vereins zustande kommt (RG, RGZ 100, 1, 2; BGH BGHZ 28, 131, 134). Der Beitritt kann auch konkludent erfolgen, auch dann, wenn die Satzung für die Aufnahme bestimmte Voraussetzungen vorschreibt, solange nicht ausdrücklich bestimmt ist, dass die Einhaltung dieser Voraussetzungen Wirksamkeitsvoraussetzung für die Aufnahme ist (BGH, Urteil vom 29.07.2014, ll ZR 243/13 Rn. 12 = NJW 2014, 3239). Selbst bei einem fehlerhaften Beitritt besteht bis zur Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit (durch das Mitglied) eine faktische Mitgliedschaft, die entsprechend den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft zum Schutz des Rechtsverkehrs sowie der übrigen Mitglieder des Vereins grundsätzlich als wirksam behandelt wird (vgl. Staudinger/Schwennicke, 2019, BGB, § 38 Rn. 119 m.w.N.)

bb)

Ob der Kläger darlegen konnte, dass ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, kann dahinstehen.

Verbände sind nur dann anspruchsberechtigt, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Damit sind solche Unternehmen gemeint, die dem Verletzer auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt als Wettbewerber begegnen, also um Kunden konkurrieren können (BGH GRUR 2000, 1084,1085- Unternehmenskennzeichnung) Es reicht aus, dass die Mitgliedsunternehmen eine zumindest nicht gänzlich unbedeutende Beeinträchtigung durch die Werbemaßnahmen mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit zu befürchten haben. Es muss also ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Mitgliedsunternehmen und dem Verletzer bestehen. Dieses wird in der Regel durch die Zugehörigkeit zur selben Branche oder zumindest angrenzenden Branchen begründet (OLG Frankfurt, Urteil vom 2. Mai 2019, 6 U 58/18 Rn. 16 m.w.N.). Verbände sind nur dann anspruchsberechtigt, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört. Eine Mindestanzahl ist nicht erforderlich, auch muss nicht die Mehrheit der Mitbewerber dem Verband angehören. Es müssen lediglich Unternehmen aus dem Kreis der Mitbewerber auf dem relevanten Markt nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichen Gewicht in der Weise repräsentativ vertreten sein, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann (BGH GRUR 2007, 610 Rn. 18 – Sammelmitgliedschaft V). Es ist nicht erforderlich, dass die Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind (BGH GRUR 2009, 692 Rn. 12 - Sammelmitgliedschaft Vl).

Der sachlich relevante Markt ist vorliegend der Handel mit Münzen, Schmuck und Silberwaren (vgl. Urteil OLG Celle vom 13.03.2018, 13 U 160/17 zu ll. 1. `b)). Der Kläger hat durch Vorlage von Screenshots (vgl. u.a. Anlage K 56, K 60 bis K 64) für jedes einzelne Mitglied nachgewiesen, dass es Artikel aus der Rubrik „Münzen, Schmuck und Silberwaren“ über eBay angeboten hat. In der Mitgliederstruktur des Klägers besteht jedoch die Besonderheit, dass er seine Mitglieder weit überwiegend aus Einzelverkäufern bei eBay rekrutiert. Aus den vorgelegten Unterlagen (Screenshots Angebote) und den Angaben der vernommenen Mitglieder des Klägers ergibt sich, dass ein Großteil der Mitglieder eine Vielzahl gänzlich verschiedene Waren anbietet und die Plattform eBay als eine Art digitalen Flohmarkt nutzt, bei dem eine Vielzahl verschiedener Waren, dies aber oft nur in kleiner Stückzahl angeboten werden (vgl. OLG Frankfurt a.a.O. Rn. 26). Die Umsätze der Mitglieder sind dabei eher niedrig und der Umsatz, der auf den Verkauf der Waren aus der streitgegenständlichen Branche anteilig entfällt, nochmals deutlich geringer. Ob man daher bei bundesweit lediglich 29 Mitgliedern, die überwiegend als Kleinunternehmer ein „Gemischtwaren-Sortiment“ und nur vereinzelt Waren aus der Rubrik „Münzen, Schmuck und Silberwaren“ anbieten, überhaupt von einer erheblichen Zahl ausgehen kann, erscheint mehr als fraglich (vgl. auch OLG Koblenz, Beschluss vom 03.02.2020, 9 W 356/19, Anlage B 27 = WRP 2020, 775), kann vorliegend aber aufgrund des Rechtsmissbrauchs (s.u.) dahinstehen. Einer weiteren Beweisaufnahme durch Vernehmung der restlichen Mitglieder bedurfte es daher insoweit nicht mehr.

3.

Die Klage ist aber als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG anzusehen.

Der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 8 Abs. 4 UWG), der bereits die Zulässigkeit der Unterlassungsklage betrifft (BGH, Urteil vom 20.12.2001, l ZR 215/98 - Scanner- Werbung, Rn. 32), greift durch. Für einen Rechtsmissbrauch spricht, dass der Kläger die Unternehmen, deren Interessen er nach seiner Satzung fördern will, nur als passive Mitglieder aufnimmt und diese damit- ohne ersichtlichen sachlichen Grund - gezielt von der Willensbildung des Vereins ausschließt. Dass die zu fördernden Unternehmen ausschließlich als passive Mitglieder aufgenommen werden, ergibt sich dabei aus den - von dem Beklagten vorgelegten und auf der Homepage abrufbaren - Nutzungsbedingungen des Klägers. Gemäß Nrn. 1. Abs. 1 und Abs. 2 der Nutzungsbedingungen i.V.m. § 3 Abs. 1 der Satzung erfolgt die Aufnahme der Online-Unternehmer ausschließlich als passives Mitglied, die gemäß § 3 Abs. 4 i.V.m. § 9 Abs. 1 der Satzung kein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung haben. Nach §13 Abs. 3 und 4 der Vereinssatzung sind nur aktive Mitglieder berechtigt, in die Vereinsorgane gewählt zu werden. Nur sie haben ein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung (§ 9 Abs. 1), während die passiven Mitglieder nicht stimmberechtigt sind. Nach den - nicht näher substantiierten - Angaben des Klägers verfügt er über 30 bis 50 aktive Mitglieder, denen passive Mitglieder in einer Größenordnung von 2.395 bis zu 2.600 Mitgliedern - zu denen auch die 29 streitgegenständlichen Mitglieder der Branche Münzen, Schmuck und Silberwaren gehören - gegenüberstehen. Damit entscheidet ein Prozentsatz von maximal etwa 2 % der Mitglieder über sämtliche Belange des Vereins, sowohl in tatsächlicher und rechtlicher als auch in finanzieller Hinsicht, so auch über die Vergütungen der Vorsitzenden und der angestellten Mitarbeiterinnen. Soweit der Kläger vorträgt, dass diese Struktur gerade gewollt sei, weil die Vereinsziele des Klägers bei ca. 2.600 Mitgliedern nicht mit kostenpflichtigen Versammlungen und endlosen Debatten mit juristischen Laien zu erreichen seien, zeigt dies deutlich, dass die Durchsetzung der Interessen einzelner im Vordergrund steht, nicht aber die Meinungsbildung aus der Mitgliederversammlung als Willensbildungsorgan eines Vereins heraus. Soweit der Kläger weiter vorträgt, dass die passiven Mitglieder bei der Willensbildung nicht komplett außen vor seien und alle passiven Mitglieder anderweitige Möglichkeiten hätten, das Vereinsgeschehen zu beeinflussen, reicht dies als aktive Teilhabe an der Gestaltung der Willensbildung des Klägers nicht aus. Dass sich die passiven Mitglieder bei Hilfestellungen jederzeit an den Kläger wenden können und dass sie nicht an der Teilnahme an der Mitgliederversammlung gehindert würden, führt nicht dazu, dass sie aktiv - z.B.` durch ein Stimmrecht - auf die Willensbildung maßgeblich Einfluss nehmen können. Ein sachlicher Grund, warum die Online-Unternehmen, deren Interessen der Kläger nach seiner Satzung gerade und ausschließlich fördern will, von der Willensbildung des Klägers ausgeschlossen werden, ist danach nicht ersichtlich. Insgesamt entsteht dadurch der Eindruck, dass der Vorstand den Kläger vor allem zu dem Zweck unterhält, durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen Einnahmen zu generieren, und dass die zur Erlangung der Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG notwendigen Mitglieder gezielt von der Willensbildung ausgeschlossen werden, um diese Einnahmequelle nicht zu gefährden (vgl. zum Rechtsmissbrauch OLG Celle, Urteil vom 26.03.2020, 13 U 73/19, Rn. 30 ff.).

ll.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Streitweıts beruht auf § 51 Abs. 2 GKG.