Montag, 6. April 2020

OLG Celle sieht deutliche Anzeichen für Rechtsmissbrauch des IDO Verbandes


Der IDO Verband aus Leverkusen ist seit Jahren bekannt dafür, wettbewerbsrechtliche Abmahnungen gegen Unternehmerinnen und Unternehmer auszusprechen. Betroffen von Abmahnungen des IDO Verbandes sind inzwischen nahezu sämtliche Branchen. Schenkt man den einschlägigen Studien Glauben, handelt es sich beim IDO Verband aus Leverkusen um Deutschlands aktivsten Abmahnverband. Immer wieder wurde gerichtlich vorgetragen, der IDO Verband handele eher im Gebührenerzielungsinteresse, als im Interesse des Wettbewerbs, wozu in der Tat einiges spricht. So wird z. B. vielfach angenommen, der IDO Verband spreche Abmahnungen aus, um beitragszahlende Mitglieder zu gewinnen, mit denen er seine sog. Anspruchsbefugnis dann bei Abmahnungen in weiteren Branchen begründen kann. Bisweilen wird dem IDO Verband auch vorgeworfen, dass er eigene Mitglieder systematisch vor Abmahnungen verschone und nur selektiv gegen Dritte vorgehe, um sich an diesen zu bereichern oder sie als Mitglieder zu gewinnen.

Bereits Landgericht Heilbronn hielt Abmahnungen des IDO Verbandes für rechtsmissbräuchlich


So hat beispielsweise am 20.12.2019 das Landgericht Heilbronn (Az.: 21 O 38/19 KfH) entschieden, dass der IDO Verband rechtsmissbräuchlich handele, weil er seine eigenen Mitglieder gar nicht auf Wettbewerbsverletzungen kontrolliere, sondern Abmahnungen selektiv nur gegenüber Dritten - Nichtmitgliedern – ausspreche und eine Unterlassungsklage des IDO Verbandes wegen Rechtsmissbrauchs als unzulässig abgewiesen. Dasselbe bemängeln wir aktuell vor dem Landgericht Hildesheim.

Die Entscheidung des OLG Celle


Nun hat das OLG Celle im Urteil vom 26.03.2020 - 13 U 73/19 – eine Unterlassungsklage des IDO Verbandes aus Leverkusen abgewiesen. Zwar erfolgte die Klageabweisungen deswegen, weil das OLG Celle den geltend gemachten Unterlassungsanspruch bereits deswegen nicht für gegeben hielt, weil es in dem dort vom IDO Verband beanstandeten Verhalten keinen Wettbewerbsverstoß erkannte.
Allerdings machte das OLG Celle „zwischen den Zeilen“ Ausführungen, die darauf schließen lassen, dass es sich in zukünftigen Fällen die Abmahnpraxis des IDO Verbandes etwas genauer anschauen wird, da das OLG Celle deutliche Anzeichen für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten erkannte. So sei nicht nachvollziehbar, dass der IDO Verband den Kreis seiner Mitglieder ohne sachlichen Grund in „aktive“ Mitglieder (mit Stimmrecht innerhalb des Verbandes) und – so typischerweise - „passive“ Mitglieder (ohne Stimmrecht innerhalb des Verbandes) unterteile, womit er letztere systematisch von der Willensbildung innerhalb des Vereins ausschließe und worüber lediglich der Vorstand entscheide.

Das OLG Celle führte aus:

„Die Klage könnte jedoch als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 3 UWG anzusehen sein. (…)
Der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 8 Abs. 3 UWG), der bereits die Zulässigkeit der Unterlassungsklage betrifft (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2001 – I ZR 215/98 – Scanner-Werbung, Rn. 32, juris), könnte durchgreifen. Nach § 3 Abs. 3 und 4 der Vereinssatzung (Anlage K 4) sind nur aktive Mitglieder berechtigt, in die Vereinsorgane gewählt zu werden. Nur sie haben ein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung, während die passiven Mitglieder nicht stimmberechtigt sind. Nach Aussage der Zeugin B. entscheide der Vorstand, der aus zwei Rechtsanwälten, dem Geschäftsführer eines Inkassounternehmens und seiner – von einem Inkassounternehmen zum Kläger gewechselten – Vorsitzenden bestehe, im Einzelfall darüber, ob aktive Mitglieder aufgenommen werden. Die passiven Mitglieder würden auch nicht zu der Mitgliederversammlung geladen. Weiter hat die Zeugin bekundet, der Kläger habe auch einzelne aktive Mitglieder, sie könne jedoch nicht angeben, wie viele aktive Mitglieder er habe und nach welchen Kriterien aktive Mitglieder vom Vorstand aufgenommen würden. Es erscheint dem Senat wenig glaubhaft, dass die Zeugin – als Geschäftsführerin des Klägers – keine konkreten Angaben zur Zahl der aktiven Mitglieder und den Aufnahmekriterien machen konnte. Ein sachlicher Grund, warum die „Wettbewerbsunternehmen“, deren Interessen der Kläger fördern will, von der Willensbildung des Klägers ausgeschlossen werden, ist nicht ersichtlich. Insgesamt besteht für den Senat der Eindruck, dass der Vorstand den Kläger zu dem Zweck unterhält, durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen Einnahmen zu generieren, und die zur Erlangung der Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG notwendigen Mitglieder gezielt von der Willensbildung ausgeschlossen werden, um diese Einnahmequelle nicht zu gefährden.“

Erstaunlich an der Entscheidung ist allerdings, dass das OLG Celle die finanzielle Ausstattung des IDO Verbandes, die u. a. Voraussetzung dafür ist, wettbewerbsrechtliche Abmahnungen auszusprechen, für gegeben erachtete. Insoweit genügte dem Gericht, dass der IDO Verband über entsprechende Einnahmen und einen Kontostand von etwa 129.000, - Euro verfügte. Gänzlich unberücksichtigt ließ das OLG Celle aber, dass – wenn sein eigenes Urteil Schule macht – sämtliche aktuell anhängigen Gerichtsverfahren des IDO Verbandes von diesem verloren zu gehen drohen, wobei wir bezweifeln, dass der IDO Verband dann finanziell in der Lage sein wird, sämtliche Kostenerstattungsansprüche der Abgemahnten erfüllen zu können.